In Gedanken versunken, lehnte Norian unter der großen Weide. Geduldig wartete er auf seinen Bruder, obwohl er wusste, dass es noch Stunden dauern konnte. Quin war am Grab seiner Mutter. Wie konnten Menschen nur so etwas tun? Dass nicht alle Leute über solche Dinge reden wollten, hatte auch Norian schon gelernt. Aber nachvollziehen konnte er so etwas nicht. Auch tolerieren wollte er es nicht. Die Gesetze waren nicht immer das Beste, aber sicher das was die bestmöglichste Balance für das Volk bedeutete. Man konnte es nicht immer allen recht machen, aber von solchen Unruhen und Aufständen hielt Norian nichts. Er wusste wie sein Vater und seine Onkel sich damals für das Gesetz und die Baronien eingesetzt hatten und war sicher, dass es genauso gehandelt hätte. Er würde nicht zulassen, dass Unschuldige so in Mitleidenschaft gezogen wurden. Pläne konnte man auch anders spinnen. Er war nicht weder feige noch ängstlich, hielt aber die Diplomatie und das verworrene Ränkespiel für die bessere Lösung. Doch würde es ihn nicht abhalten mit allen Mitteln gegen Gesetzeslose und andere Unholde vorzugehen. Hatte er doch auch eine Ausbildung in den Grundwaffen erhalten und ward besonders gut mit dem Bogen.
Seine Onkel hatten ihm schon oft die Symbole des Familienwappens erklärt und ihm geholfen seine eigene Meinung bilden und Anerkennung gegenüber dem bestehen System zu zeigen.
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Bald war es soweit. Norian durfte endlich mit seinen Brüdern in die Welt hinaus ziehen. Er wusste dass es seinen Eltern nicht leichtgefallen war, aber es war notwendig. Was brachte ihm die ganze Ausbildung, wenn er nichts von den Menschen wusste, die in den Ländern lebten. Die Bibliothek seiner Eltern hatte er mittlerweile durchgearbeitet. Es dürstete ihn nach mehr. Er wollte mehr lesen und mehr erkunden.
Dass sein Bruder und seine beiden Cousins mitkommen würden, machte es nur angenehmer für ihn. Auch wenn ihre Eltern ihnen immer wieder eintrichterten, wie nichtsnutzig der Schabernack war, den sie ab und zu trieben, so bereitete er ihnen doch wenigstens kurzweiligen Spaß.
Endlich konnte er allein, zumindest fast und ohne Eltern, das Königreich bereisen. Ihm war bewusst, wie er sich in der Öffentlichkeit zu verhalten hatte und freute sich die Erlernte Etikette nun richtig umsetzten zu können. Geographie, Politik und Handel waren eine Seite, die Realität jedoch eine vollkommen Andere. Norian war ein guter Schütze und mit einer Größe von 1,76 auch besonders wendig. Durch seine familiäre Geschichte hatte er ein diplomatisches Gespür bekommen, dass er in seinen Vorstellungen schon für die richtige Seite einsetzte.
Immer wieder hatte er von den Lehren Temoras gelesen und überlegt wie seine Zukunft wohl aussah. Genau wusste er es noch nicht, aber dies war der Anfang um es herauszufinden.